Bindungstheorie nach John Bowlby – Annahmen und Bindungsphasen

Bindungstheorie John Bowlby

Die Bindung zum Kleinkind ist ein zentrales Thema in der Erziehung und beeinflusst die kindliche Entwicklung.

📌 In diesen Artikel geht es um die Bindungstheorie, insbesondere befassen wir uns damit, wer der die Bindungstheorie aufgestellt hat, welche Annahmen es gibt und in welchen Phasen sich die Bindung beim Kleinkind entwickelt.

Ein weiteres Video zu den Bindungstypen findest du bereits auf meinem YouTube-Kanal: Bindungstheorie nach John Bowlby | Bindungstypen

Bindungstheorie nach John Bowlby - Annahmen und Bindungsphasen

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John Bowlby – Einer der Begründer

  • John Bowlby: Kinderpsychiater und Arzt
  • Mary Ainsworth:  Entwicklungspsychologin
  • Verbreitung in Deutschland von Klaus und Karin Grossmann

➡️ Sie sind Psychologen & Diplom-Pädagogen und haben Untersuchungen zur Bindungstheorie durchgeführt.

Was ist mit Bindung gemeint?

Bindungstheorie nach John Bowlby geht davon aus, dass Neugeborene und Kleinkinder ein intensives Bedürfnis nach Zuwendung, Schutz und Nähe haben.

Säuglinge und Kleinkinder müssen auf eine feste Bezugsperson zurückgreifen können, damit sie ihr Neugier- und Entdeckungsverhalten ausleben können. Kinder spüren und brauchen Schutz und Sicherheit, aber auch das freie Erforschen und Entdecken der Welt.

➡️ Eine sichere Bindung ist Voraussetzung für eine stabile psychische Sicherheit und unterstützt beim Aufbau der Selbstsicherheit und Exploration.

⚠️ Daher ganz wichtig: Bindung bezeichnet eine lang andauernde soziale und emotionale sehr enge Beziehung zwischen Baby und seiner Bezugsperson.

Ganz entscheidend ist:

  • Beziehung zwischen Erzieher und zu Erziehendem
  • Kind braucht Bindungsperson!
  • Bindungserfahrungen werden verinnerlicht

Phasen der Bindungstheorie nach John Bowlby

📌 Die Bindungstheorie nach John Bowlby vollzieht sich in vier Phasen.

⚠️ Hinweis:

Es gibt noch eine 5. Phase, welche in vielen Internetquellen nicht erwähnt wird. Auch die Zeiträume der Phasen unterscheiden sich oft ein wenig.

Als Beispiel kannst du dir Seite 5 (links) des PDF-Dokumentes der Uni-Regensburg durchlesen.

Abkürzungen in folgenden Überschriften:

  • Lm = Lebensmonat
  • Lj = Lebensjahr
Bindungstheorie_John_Bowlby
Bindungstheorie_John_Bowlby

Phase 1: Unspezifischen Reaktion (1-2. Lm)

Der Säugling zeigt allgemeine Reaktionsweisen:

  • Schreien
  • Anschauen
  • Klammern

Das Neugeborene möchte Kontakt zu Mutter herstellen.

Es kann allerdings noch nicht unterscheiden, welche Personen er mit seinem Verhalten anspricht.

💡 Damit meine ich, alle Menschen, die in der Nähe des Kindes sind, werden gleichermaßen kontaktiert und dürfen sich um die Bedürfnisse bzw. Belangen des Kindes kümmern.

➡️ Seine Körperwahrnehmungen bilden den Ausgangspunkt seines Ich-Bewusstseins.

Phase 2: Unterschiedliche soziale Reaktionsbereitschaft (3-8. Lm)

Das Kind orientiert sich zunehmend auf besonders vertraute Erwachsene, er steuert zunehmend zielorientiert sein soziales Verhalten.

Vergleich zu Phase 1:

Anders als in der Phase zuvor reagiert es schneller und differenzierter auf seine Bezugspersonen als auf „Fremde“.

Das Baby wirkt auf seine Umgebung ein und bemerkt, dass es damit etwas verändern kann.

Beispiel: Die Mama kommt.

Durch die Erfahrung der Selbstwirksamkeit erweitert es demnach sein Ich-Bewusstsein.

Gegen Ende der Bindungsphase beginnt es zu fremdeln.

Beispiele:

  • Kopf abwenden
  • Weinen
  • Klammert an seine vertrauten Bezugspersonen

📌 Das Fremdeln wird auch als die „Achtmonatsangst“ bezeichnet und ist ein Zeichen dafür, wie eben erwähnt, dass das Kind zwischen vertrauten und fremden Personen unterscheidet.

💡 Die Ausprägung, wie lange und wie intensiv die Form des Fremdelns festhält, ist von Kind zu Kind unterschiedlich.

Phase 3: Aktives und initiiertes, zielkorrigiertes Bindungsverhalten (9. Lm – 2. Lj)

📌 Der Säugling entwickelt sich bis zum ersten Lebensjahr stark weiter.

Er kann nun …

  • krabbeln
  • bald laufen
  • recht zielsicher greifen
  • sich zunehmend besser verständigen

Motorik und Kognition entwickeln sich, Kinder sind sichtbar erfreut, wenn sie ihre Eltern sehen, sie geben Laute von sich oder zeigen Bewegungen.

Kinder entwickeln eine immer klarere Vorstellung von den Eltern, die kindliche Wahrnehmung wird intensiver und eine deutliche Bindung zur Mutter ist erkennbar.

➡️ Die Mutter ist demnach der Zufluchtsort für das Kind. Sie stellt einen „sicheren Hafen“ dar und das Kind vergewissert sich mit Blickkontakt oder mit Ausrufen zu Mutter, einfach um zu wissen, dass es ihr gut geht.

Kinder zeigen Trennungsangst, welche als ein natürliches Schutzsystem betrachtet wird.

💡 Sie wollen Nähe und Sicherheit zu ihrer Bezugsperson spüren.

📌 Weiterführende Information: So unterstützt du die Bildung und Entwicklung der Kinder

Phase 4:  Reziproke Beziehungen (2-3. Lj)

📌 Diese Phase beginnt erst, wenn das Kind ausreichend sprechen kann und versteht, was Bindungspersonen mit einem Verhalten beabsichtigen wollen.

Die sozialen Beziehungen des Kindes erweitern sich und es entstehen immer mehr Beziehungen zu mehreren Bindungspersonen.

Das Kind bildet nun eine klare Bindungshierarchie, es hat möglicherweise Vorlieben, mit wem es ein Buch anschaut oder wer besonders gut Lego bauen kann.

➡️ Somit schenkt das Kind bestimmten Bindungspersonen mehr Aufmerksamkeit und andere haben weniger Bedeutung für das Kind.

💡 Entscheidend ist jedoch, dass alle Bindungspersonen ein wichtiger Wegbegleiter für das Kind sein können und die Autonomie unterstützen.

Phase 5: Zielkorrigierte Partnerschaft (4. Lj)

Kinder haben viele Bindungspersonen um sich herum und können eigene Prioritäten setzen.

➡️ Durch die intensive Bindung zu den wichtigsten Personen hat das Kind Selbstständigkeit erlernt und wurde unterstützt.

Das Kind hat sein Selbstkonzept aufgebaut und durch Erfahrungen gelernt.

Es kennt Eigenschaften und Fähigkeiten über sich selbst und seiner Mitmenschen.

Im Laufe des Lebens werden Kinder ebenso wie Erwachsene ihre Persönlichkeit weiterentwickeln und neue Beziehungen und Bindungen zu anderen aufbauen.


Themenvorstellung

Kindliche Bildungsprozesse und Bildung vollzieht sich von Geburt an. Die Bindung und Beziehung zu den Bezugspersonen nimmt dabei eine entscheidende Rolle ein.: Zum Artikel


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